Covid - Was Sie über Antikörpertests wissen sollten
Welche Tests gibt es, um eine akute Infektion mit Covid-19 festzustellen?
Prinzipiell unterscheidet man zwischen Tests, die akute Infektionen nachweisen und solchen, die Hinweise darauf geben, ob jemand eine Erkrankung bereits hinter sich hat. Für die akute Diagnostik werden sogenannte PCR-Verfahren eingesetzt, die ausschließlich von Fachpersonal durchgeführt werden. Dabei wird ein Abstrich im hinteren Rachen genommen und anschließend im Labor auf genetisches Material des Virus untersucht. Ergebnisse gibt es meist schon am nächsten Tag. Das Verfahren birgt zwar mögliche Fehlerquellen wie den Zeitpunkt der Probenentnahme. Insgesamt gilt der Test aber als sehr zuverlässig. Vor allem gibt es praktisch keine falsch-positiven Testergebnisse, also ein positives Testergebnis bei einem Menschen, der keine Covid-19-Infektion hat. In den USA wurden im Mai auch Antigen-Schnelltests zugelassen, zum Nachweis einer akuten Infektion bereits in einem sehr frühen Stadium. Da die bisherigen Antigentests bisher aber recht ungenau sind, spielen sie hierzulande momentan keine Rolle.
Wie kann man eine überstandene Infektion feststellen?
Ob ein Mensch Covid-19 hinter sich hat, kann mit einem Antikörpertest geprüft werden. Das Prinzip dahinter: Etwa zehn bis 14 Tage nach einer Infektion beginnt der Körper mit der Bildung von Antikörpern. Um festzustellen, ob ein Mensch solche Antikörper hat, wird eine Blutprobe auf eine Platte gegeben, auf der sich Bruchstücke des Virus befinden. Sind in der Blutprobe Antikörper enthalten, verbinden sich diese mit den Virus-Bruchstücken. Falls diese Verbindung stattfindet, wird sie durch einen farbigen Marker angezeigt. Auch wenn der Test selbst schnell geht, kann es einige Tage dauern, bis die Ergebnisse aus dem Labor vorliegen.
Das Problem: Zwar werben die Hersteller damit, dass diese Tests sehr zuverlässig seien, wirklich sichere Aussagen über eine überstandene Corona-Infektion können sie dennoch nicht geben. Um den Nutzen eines medizinischen Tests zu bewerten, gibt es drei Parameter. Die Sensitivität gibt an, wie viele Kranke richtig erkannt werden. Die Spezifität hingegen sagt aus, wie viele Gesunde korrekterweise ein negatives Testergebnis bekommen. Ganz entscheidend ist zudem die Prävalenz. Sie gibt den Anteil von Erkrankten an einer Bevölkerung an. Dabei gilt: Je seltener eine Krankheit ist, desto problematischer ist eine niedrige Spezifität.
Was das bedeutet, zeigt ein vereinfachtes Rechenbeispiel mit dem Antikörpertest von Roche. Dieser hat nach Herstellerangaben eine Sensitivität von 100 Prozent und eine Spezifität von 99,8. Derzeit sind von rund 83 Millionen Menschen in Deutschland bisher etwa 185.000 infiziert. Lassen wir die Dunkelziffer kurz beiseite und nehmen eine Prävalenz von rund 0,2 Prozent an. In einer Gruppe von 100.000 Testpersonen würde der Test also alle 200 Infizierte richtig erkennen – gleichzeitig aber auch 200 Gesunde fälschlicherweise als Kranke markieren. In der Summe ist das frappierend: Von den insgesamt 400 positiv getesteten Personen läge der Test nur bei der Hälfte richtig.
Die Aussagekraft von Antikörpertests wird überdies durch einen weiteren Punkt infrage gestellt. Unter anderem eine Untersuchung der Universität Lübeck legt nämlich nahe, dass womöglich nicht alle Covid-19-Patienten Antikörper entwickeln. Die Forscher untersuchten eine Testgruppe von 110 Patienten, die entweder keine, milde oder moderate Symptome gezeigt hatten. Das überraschende Ergebnis: Drei Wochen nach der Infektion konnten bei 30 Prozent der Erkrankten mit milden oder moderaten Krankheitsverläufen keine Antikörper nachgewiesen werden. Bei der kleineren Gruppe, die gar keine Symptome gezeigt hatte, wurden sogar bei sechs von zehn Patienten keine Antikörper gefunden.
Das könnte also heißen: Gerade Menschen, die sich unbemerkt mit Covid19 infiziert haben, keine Symptome hatten und jetzt Klarheit wollen, würden bei einem Antikörpertest womöglich durchs Raster fallen.
Neben den im Labor durchgeführten aufwendigen Antikörpertests sind auch Schnelltest zur Ermittlung einer überstandenen Infektion auf dem Markt, die jeder selbst durchführen kann. Auch diese Methode nutzt den Antikörpernachweis – aber der Nutzer entnimmt sich selbst einen Tropfen Blut und gibt ihn auf einen Teststreifen. Das Ergebnis ist schon nach wenigen Minuten sichtbar.
Kein Wunder, dass zahlreiche Anbieter schon bald ein gutes Geschäft witterten und Antikörperschnelltests im Internet verkauften. Experten raten von Erwerb und Anwendung aber dringend ab. Weil Hersteller von Schnelltests diese nicht von unabhängigen Stellen überprüfen lassen müssen, kann niemand garantieren, ob die Angaben zur diagnostischen Qualität überhaupt stimmen. Zudem gebe es nachweislich auch viele Fälschungen.
Wer wird auf Antikörper getestet?
Die WHO und das Robert-Koch-Institut empfehlen Antikörpertests zur Feststellung einer überstandenen Covid-19-Infektion ausdrücklich nur im Rahmen von wissenschaftlichen Forschungsprojekten. Für epidemiologische Fragen ist es schließlich hilfreich, noch mehr Daten über die Anzahl der bereits Erkrankten und damit Hinweise auf den Grad der Durchseuchung der Bevölkerung zu sammeln.